Donnerstag, 9. Juli 2015

Ein Tag in Irkutsk

Ich stehe spät auf und frühstücke. Schade, dass meine Gastgeberin Tamara nicht hier ist. Ich hätte sie gerne kennen gelernt. Sie hat mir, einem Fremden, einfach die Wohnungsschlüssel überlassen. Das ist nicht ganz selbstverständlich. Später wird sie mir erklären, dass auch ihre Freunde sie davor gewarnt haben, einem Unbekannten die Schlüssel anzuvertrauen. "Ach, was!", sagt sie, "Ein Mensch, der sich als Freiwilliger meldet, um die Wanderwege am Baikalsee in Ordnung zu halten ist ein guter Mensch, der wir mich nicht ausrauben!" Ich habe das Gegenteil gemacht. Bei ihrer Rückkehr aus dem Spital haben als Geschenk zwei Tafeln Schweizer Schokolade, ein roter Kugelschreiber mit Schweizer-Kreuzen und ein Sack Basler Läckerli auf sie gewartet.

Für den Nachmittag habe ich mit Yulia aus Odessa abgemacht. Sie ist auch Freiwillige im Projekt В таёжный край Прибайкалья (The Land of Baikal Taiga) der Organisation The Great Baikal Trail. Wir kennen uns noch nicht. Treffpunkt ist um 14 Uhr im Park Gorky-Denkmal im Zentrum von Irkutsk. Zehn Minuten vorher bin ich dort und Yulia trifft auch gerade ein. Sie schlägt vor, am Uferweg der Angara entlang zu spazieren. Einverstanden.


Unterwegs sehen wir ein kleines Touristen-Schiff am Pier. Yulia fragt, ob es bald eine Rundfahrt geben wird und was diese kostet. Für 150 Rubel machen wir eine halbstündige Rundfahrt auf der Angara.






Dann schlendern wir weiter durch einen kleinen Vergnügungspark auf einer Insel und von dieser weiter auf die nächste Halbinsel wo wir eine Fahrt auf einer kurzen Eisenbahn-Rundstrecke machen, die von Kindern betrieben wird. Dies ist der Weg von unserem Treffpunkt bis zur Eisenbahn.

Unterwegs schwatzen wir über dies und das, wer womit sein Geld verdient und dergleichen. Dann führt uns dieser Weg zum Wappentier von Irkutsk dem Babr.
Babr mit Zobel im Maul
Danach möchte Yulia noch die Kirche nebenan besuchen. Ich warte auf sie draußen. Es ist sehr heiß. Als sie wieder heraus kommt, wissen wir nicht so recht, wohin wir nun noch gehen sollen. An einer Bushaltestelle sieht Yulia den Bus, der sie zu ihrem Hostel zurück bringt, hüpft rein und ruft "Poka!" (tschüss) und weg ist sie. Soll ich auch einen Bus nehmen oder ein Taxi? Ich entschließe mich, zur Rückkehr zu Fuß. Der Weg führt mich wieder der Angara entlang und über die Glazkovskii Brücke zu Tamara's Homestay.

Koreanisches Fertiggericht in Isolierschale
Da ich in der Transsibirischen Eisenbahn meine sämtlichen Lebensmittel verschenkt habe, kaufe ich mir unterwegs zwei Schalen доширак лапша (Koreanisches Nudel Fertiggericht) zu je 34 Rubel (0.53 CHF).

Wieder zurück in der Wohnung packe ich meinen Rucksack neu. Morgen beginnt das Wanderweg-Projekt und ich will das Gewicht auf ein Minimum herunter drücken. Ich gehe alles nochmals durch und überlege mir bei jedem Ding, ob ich es mitnehmen soll. So trenne ich mich vom Rasierspiegel, dem Rasierer, dem Tagesrucksack, dem dritten T-Shirt, reiße aus dem Tagebuch die Hälfte der leeren Seiten heraus und lasse die Zahnpasta zurück (ich habe ein halbes Stück reine Seife dabei, das geht prima zum Zähneputzen). Was ich sonst noch alles in Tamaras Wohnung lasse, weiß ich im Detail nicht mehr. Wichtig ist das Resultat: ich schaffe es, das Gewicht inklusive Rucksack auf 9 Kg zu reduzieren. Nach dem Projekt werde ich wieder bei Tamara übernachten und die jetzt aussortierten Sachen dann wieder mitnehmen.

Morgen beginnt das Projekt. Ich bin gespannt auf die anderen Teilnehmer.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen