Sonntag, 5. Juli 2015

Transsib Tag 1 Forts.

Nr 1-36 links, 37-54 rechts
Wir sind an Nishni Novgorod vorbei. Ich teile mir das Abteil mit drei jungen Burschen, Aleksandr, Roman und Danil. Sie sind auf dem Heimweg von Severomorsk nörlich von Murmansk und haben soeben ihren Militärdienst hinter sich. Sie sind nicht sehr gesprächig. Ab und zu kommt ein kurzes Gespräch zustande. So wollen sie z.B. wissen, wo es besser sei, in der Schweiz oder in Russland. Ich antworte: "Там хорошо где нас нет." Ein Russisches Sprichwort, was soviel bedeutet wie "Anderswo ist es besser".
Ich mag die Atmosphäre im Plazkartny, der günstigsten Wagenklasse.
Mit dem Kauf eines Tickets reserviert man immer auch gleich eine Liege. Hier lohnt es sich, Liegen mit Nummern kleiner 36 zu buchen, denn diese Liegen sind quer zur Fahrtrichtung angeordnet, ca. 170cm lang und man kann die Füsse in den Gang strecken. Liegen mit Nummern grösser 36 schauen in Fahrtrichtung, sind nur 165cm lang und es gibt keine Möglichkeit die Beine zu strecken. Nr 33 - 36 kann ich auch nicht empfehlen, da sie an die Toiletten angrenzen, welche beim Betätigen der Spülung einen höllischen Lärm machen. Ich bin mit meiner Wahl - Wagen 13, Platz 13 - sehr zufrieden. Ungefähr in der Mitte, ein bisschen näher bei der Schaffnerin wo der Samovar steht.
Samovar
Es ist im grossen ganzen ruhig. Jeder hat die unterschiedlichsten Esswaren dabei. Was man recht häufig sieht, sind Лапша (Lapscha=Nudeln). Es ist ein Fertiggericht. Am Samovar, der in jedem Wagen verfügbar ist, holt man sich heisses Wasser, giest es zu den Nudel, welche sich in einer Styropor-Schale befinden, wartet fünf Minuten und fertig ist die kleine Mahlzeit. Man kann Lapscha bei der Проводница (Provodniza=Schaffnerin) kaufen. Das ist zwar teurer als am Kiosk auf dem Bahnsteig, aber immer noch günstig. Wir haben eine sehr nette Schaffnerin. Sie heisst Olja und teilt sich den Job mit ihrem Mann. Sie arbeitet tagsüber während er die Nachtschicht übernimmt. So reisen sie gemeinsam sieben Tage nach Osten und gleich anschliessend wieder zurück und nach 14 Tagen Pause das Gleiche wieder von vorn. Beim Einsteigen in Moskau hat Olja mein Ticket und den Pass kontrolliert und wusste daher, dass ich nicht Russe bin. Sie will wissen, von wo ich komme, warum ich so gut Russisch spreche und warum ich alleine reise. Ich antworte, dass ich aus Aserbaidschan komme. Glaubt sie nicht. Aus Georgien. Nein, glaubt sie auch nicht - klar sie hat ja meinen Pass gesehen. Ich bleibe ihr die Antwort schuldig, aber wir habe ja auch noch Zeit bis Irkutsk. Bis jetzt sind wir acht Stunden unterwegs und bis zu meinem Ziel sind es noch weitere 66.
An denjenigen Bahnhöfen, wo wir 15-20 Minuten Pause machen finden sich meistens Kioske oder Verkaufstände auf dem Bahnsteig. Dort kann man sich mit Lebensmitteln eindecken und manchmal gibt es auch in der Mikrowelle aufgewärmte Fertiggerichte. Ich kaufe eine Schale Lapscha und eine 2L Flasche Kwas für 160 Rubel (ca. 2.50 CHF).
Einigen Reisenden merkt man an, dass sie häufig mit der Transsib unterwegs sind. Sie sind bestens ausgerüstet z.B. mit einem riesigen, lichtdichten Tuch, dass sie unter die Matraze der oberen Liege klemmen, sodass es als Verunkelungszelt für die Liege darunter dient.
Vis-à-vis von meinem Abteil ist ein wohl frisch verliebtes Pärchen, beide ca. 20 Jahre alt. S'isch härzig, wie's immer am schätzele sind.
Es ist jetzt 22:20Uhr Moskauer Zeit, in 7Std erreichen wir die nächste Zeitzone.
Die drei Burschen aus meinem Abteil bieten mir immer wieder Essen an, wenn sie für sich selber auftischen (Brot, Käse, Wurst). Ich habe leider nichts spezielles, was ich mit ihnen teilen kann, denn die Basler Läckerli, scheinen ihnen nicht so zu schmecken. Vielleicht bekommen sie morgen Lust auf Schweizer Schokolade, wir werden sehen. Ich versuche, wieder mit ihnen ins Gespräch zu kommen, indem ich sie nach ihren Fremdsprachenkenntnissen frage. Sie hätten in der Schule Englisch, Deutsch und Chinesisch zur Auswahl heisst es. Sprechen können sie keine der genannten Sprachen und Aleksandr meint treffend: "Ich war im Unterricht anwesend." 

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