Montag, 6. Juli 2015

Transsib Tag 2 Forts.

tsa, tschi, ko, di, pri (r französisch wie in Prix). Das ist tschetschenisch für 1,2,3,4,5. Im Abteil nebenan reisen Tschetschenen aus Grozny. Da meine drei Jungs wie gesagt wortkarg sind, suche ich Kontakt in anderen Abteilen und da ich kein Wort verstehe von dem, was nebenan gesprochen wird, es mich ein bisschen an Arabisch erinnert, aber eben doch nicht, setze ich mich einfach dazu und frage, welche Sprache sie sprechen. Tschetschenisch. Es wird ein fröhlicher Nachmittag mit Bislan, Mussa, Lioma, Arbi und Bislan. Sie sind unterwegs von Grozny auf die Kurilen zur Arbeit. Sie sind nach Moskau geflogen, fahren jetzt nach Ванино und von dort über Yuzhno-Sakhalinsk mit dem Schiff zum Ziel. Sie werden dort sicher bis kommenden Frühling auf dem Bau arbeiten. Ein Verwandter mit guten Beziehungen zum Verteidigungsministerium ist der Inhaber eines Baugeschäfts, welches einen Staatsauftrag auf den Kurilen erhalten hat.

Heute fahre ich quasi durch den Schweizer Jura. Es sieht wirklich sehr ähnlich aus, mal abgesehen davon, dass hier der Jura riesengroß, ja unendlich erscheint. Ich schaue aus dem Fenster, bis zum weit, weit entfernten Horizont nur Wiesen und Wälder. Ich stelle mich dumm und frage meine Reisegefährten, welches Land hinter dem Hügel am Horizont liegt. "Russland", antworten sie. Ich schaue aus dem gegenüberliegenden Fenster und auch dort endlose Weiten. Wieder frage ich, welches Land denn auf dieser Seite hinter dem Horizont liege. "Auch Russland", sagen sie. "Das kann nicht sein!" erwidere ich und sie müssen herzlich lachen. Ja, die Weite ist wirklich beeindruckend. Jetzt in der Abendsonne ist die Landschaft besonders hübsch. Ich kann mich nicht daran satt sehen. Es ist vergleichbar mit einer Schifffahrt: nie wird einem langweilig. Einfach großartig während des Abendessens aus dem Fenster zu schauen!
Nach dem Essen (wieder einmal Lapscha, sprich Nudeln) plaudere ich noch ein wenig mit unserer Schaffnerin Olja. Sie ist noch nie im Ausland gewesen. "Das Geld reicht nicht." und sofort ergänzt sie mit strahlenden Augen: "Wozu soll ich weg fahren, wenn ich all diese Schönheit hier betrachte!"


1 Kommentar:

  1. Das Bild und die Beschreibung der Gegend geben einen guten Eindruck über die befahrene Strecke. Danke.

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